Mokaflor in dritter Generation: Interview mit Eleonora Bernini

Eleonora Bernini führt die Rösterei Mokaflor in der dritten Generation. Seit ihr Großvater die Firma in den 50er Jahren im Herzen von Florenz gründete, war das Ziel klar: Qualitativ hochwertigen Kaffee produzieren. Die Bedeutung des Begriffes „Qualität“ hat sich im Laufe der letzten siebzig Jahre verändert: Heute liegen die Herausforderungen vor allem auf Aspekten wie der Nachhaltigkeit und Rückverfolgbarkeit eines Produktes. Außerdem ist die Notwendigkeit der Kommunikation um das Produkt herum gestiegen, das heißt alle, vom Barista bis zum Endverbraucher, müssen Zugang zu Informationen rund um das Produkt haben. Eleonora erzählt uns im Folgenden von den großen Zielen, die sich Mokaflor gesetzt hat, um jeden Tag die bestmögliche Arbeit rund um ein hochwertiges Produkt leisten zu können.

Eleonora, wir wissen, dass sich Deine Familie seit Generationen dem Kaffee verschrieben hat. Du hast jedoch einen etwas anderen Hintergrund – was ist Deine Beziehung zu diesem Produkt? 

Mokaflor in dritter Generation: Interview mit Eleonora Bernini

Ich bin umgeben vom Geruch nach Kaffee aufgewachsen, habe viel Zeit in der Rösterei verbracht und zwischen den Kaffeesäcken gespielt, wenn ich meinen Vater besuchte. Danach habe ich – zumindest anfangs – eine etwas andere Richtung eingeschlagen, denn ich habe zuerst in London und dann in Florenz Marketing Management studiert.

Anschließend habe ich sieben Jahre lang in Deutschland, hauptsächlich in München, in der Modebranche gearbeitet, bevor ich dann beschloss zu meinen Wurzeln zurückzukehren und meine Erfahrung im Bereich des Kaffees einzubringen.  Jetzt arbeite ich schon fast seit sieben Jahren hier und kann sagen: Ich habe mich verliebt! Verliebt in den Kaffee, in diese Firma und in die Personen, die hier arbeiten.

Mokaflor ist heute ein Unternehmen mit einer starken Exportorientierung. Kannst Du uns ein paar Daten und Fakten rund um die Firma nennen? 

Mokaflor begann in den 1990er Jahren mit dem Export, angefangen durch erste Messen in Deutschland, bis heute unser Hauptmarkt, gefolgt von Österreich und der Schweiz. Wir verkaufen über 400 Tonnen gerösteten Kaffee pro Jahr: 60% davon werden exportiert, die restlichen 40% werden in Italien vertrieben. Die letzten zwanzig Jahre haben sich so entwickelt, dass wir heute mit Stolz sagen können, unseren Kaffee in die halbe Welt zu exportieren: nach Chile, China, in die USA, in den Iran, Tschechien, in die skandinavischen Länder und auch auf die Philippinen, um nur einige Beispiele zu nennen.

Eleonora, Du stehst vor der komplexen Herausforderung ein Unternehmen wie dieses, das auf eine lange Geschichte zurückblicken kann, zu leiten. Und das in einer Welt, die sich gerade in einem starken Wandel  befindet. Was sind Deine Visionen für Mokaflor’s Zukunft? 

Mokaflor in dritter Generation: Interview mit Eleonora Bernini

Immer schon legen wir bei Mokaflor besonders großen Wert auf Qualität. Eines der größten Ziele meines Großvaters in den 50er Jahren war es, seiner Kundschaft einen ausgezeichneten Kaffee mit einer guten Crema und der richtigen Röstung zu bieten.

Heute liegt unser Fokus auf Nachhaltigkeit, von der Kaffeepflanze bis zur fertigen Tasse Kaffee: Das beginnt damit, die richtigen Kaffeesorten von ausgewählten Plantagen einzukaufen, mit denen wir direkte Beziehungen pflegen. Des Weiteren achten wir bei der Wahl der Importeure darauf, dass sie die gleichen Werte wie wir vertreten. Und in der Rösterei selbst können wir Dank des Einsatzes von Software und der Erfahrung unseres Teams immer ein hohes Niveau garantieren. Wir haben es geschafft, die Menschen, die hinter den einzelnen Schritten der Kaffeeproduktion stehen, kennenzulernen, was uns sehr wichtig ist. Und das wollen wir sowohl mit unseren Produkten als auch mit unserer Schule, der Espresso Academy, vermitteln.

Wie wird diese Vision in der Praxis aussehen? Beziehungsweise, wie werden sich die Produkte und Dienstleistungen in Zukunft entwickeln? 

Mokaflor in dritter Generation: Interview mit Eleonora Bernini

Wir werden diesen Weg weiterverfolgen: Mit Produkten, die zunehmend rückverfolgbar und nachhaltig sind und immer individueller auf die Kunden zugeschnitten werden. Wir wollen auf keinen Fall zu „Snobs“ in diesem Sektor werden, wie es bei so vielen Spezialitätenröstern der Fall ist. Sondern wir möchten weiterhin für alle Kaffeeliebhaber da sein, nicht nur für die Experten in dieser Branche.

 Ein großes Ziel ist es auch, den Menschen, die ihren Kaffee jeden Tag zu Hause trinken, den Unterschied zwischen guter und schlechter Qualität verständlich zu machen, damit sie sich für das richtige Produkt entscheiden können, so wie sie es jeden Tag mit anderen Lebensmitteln wie Wein, Brot oder Nudeln tun. Heute gibt es – vor allem in Italien – nur wenige Informationen über das Produkt Kaffee, und genau das wollen wir ändern: Indem wir den Barista, den Supermärkten und allen anderen Verkaufsstellen, an denen die Endverbraucher Kaffee kaufen, mehr Informationen und Hilfsmittel an die Hand geben, damit sie fundierte Informationen weitergeben können.

Mokaflor ist eines der Gründungsunternehmen der Women’s Coffee Association (IWCA) in Italien. Kannst Du uns die Rolle dieses Verbandes kurz erläutern, an welchen Projekte arbeitet ihr dort?

Wir gehören zu den Gründungsmitgliedern des italienischen Verbandes der International Women’s Coffee Alliance. Die IWCA existierte bereits weltweit und in den wichtigsten Kaffee produzierenden und konsumierenden Ländern der Welt. Bis letztes Jahr allerdings gab es sie in Italien, das für viele als die Heimat des Kaffees gilt, noch nicht.

Die International Women’s Coffee Alliance zielt darauf ab, die Rolle der Frauen entlang der Kaffeekette in vielerlei Hinsicht zu unterstützen und ins Bewusstsein zu rücken: Vom Kauf von Rohkaffee, der auf von Frauen betriebenen Plantagen angebaut wird, bis hin zu Schulungs- und Ausbildungsprojekten zum Thema Kaffee für Frauen in der gesamten Lieferkette. Im Moment konzentrieren wir uns auf Projekte, die Frauen in unserem eigenen Land unterstützen, um eine direkte Wirkung zu erzielen: Wir arbeiten an einigen Schulungsprojekten, an denen Frauen beteiligt sind, die Gewalt erlitten haben, vor dem Krieg in Afghanistan geflohen sind und in Italien Zuflucht gesucht haben. Aber darüber werden wir in den kommenden Monaten noch mehr sprechen.

Mokaflor in dritter Generation: Interview mit Eleonora Bernini

Hast Du einen Traum?

Mehrere! Eine eher „philosophische“ Frage, die vielleicht naheliegend erscheint (es aber scheinbar leider doch nicht ist), besteht darin, dem Endverbraucher zu vermitteln, wie wichtig es ist, einen Qualitätskaffee zu wählen. 

Heutzutage sehe ich um mich herum so viele Menschen, sogar gebildete Menschen, die gereist sind und die Welt gesehen haben, und die trotzdem keine Informationen über Kaffee haben. Und das, obwohl es ein Getränk ist, das wir jeden Tag trinken, es ist sogar das am meisten konsumierte Getränk der Welt nach Wasser. Ich möchte durch Information, Aufklärung und Verbreitung vermitteln, welchen Unterschied die Wahl eines bestimmten Kaffees gegenüber einem anderen machen kann. Nicht nur in Bezug auf Qualität und Gesundheit, sondern auch auf die Auswirkungen auf die Menschen, die ihn in den Herkunftsländern mit großer Leidenschaft anbauen. Ich möchte es mit meiner Arbeit schaffen, Menschen zu einer bewussten Entscheidung zu führen.

Mokaflor in dritter Generation: Interview mit Eleonora Bernini

Ein weiterer Traum ist es, eine eigene Kaffeeplantage zu haben, auf der wir Kaffee in Permakultur anbauen können, mit einem 360°-Blick auf die Umwelt und die Natur, indem wir zum Beispiel Insekten und Wasser auf wirklich nachhaltige Weise nutzen. Ich hätte früher oder später gerne eine Mokaflor-Plantage, vielleicht sogar mit einem Zentrum oder einer Art Schule, wo wir andere Bauern über Permakultur und die Zukunft des Kaffeeanbaus in diesen unsicheren Zeiten unterrichten können.