Chiaroscuro, das erste Specialty coffee Café in Italien. Interview mit Andrea Bernini

1999 wurde das erste italienische Café für Specialty Coffee gegründet. Und zwar in der Via del Corso, im Zentrum von Florenz. Hier beschloss Andrea Bernini, der eher künstlerisch veranlagte Sohn von Vasco, der in den 1950er Jahren die Rösterei Mokaflor gründete, sich an diesem Projekt zu versuchen.

Das war zu einer Zeit, in der Spitzenkaffee in Italien noch kaum verbreitet war. Andrea’s Vorhaben wurde zum vollen Erfolg: Heute gibt es sogar international mehrere Filialen und eine Produktlinie unter dem Markennamen ChiaroScuro.

Wie kam es denn überhaupt zum Projekt ChiaroScuro?

Das Projekt entstand, weil sich in den Vereinigten Staaten eine ganz eigene Kaffeekultur entwickelte, in der Qualitätskaffees sehr wichtig und vielfältig vorhanden waren. Im Gegensatz zu Italien, einem sehr konservativen Land, in dem man immerzu nur am Espresso festhielt. Ich wollte einen Ort schaffen, an dem die Menschen mono-origin Kaffee auf höchstem Niveau entdecken können, und dann die Verbraucher dazu einladen, ihren eigenen Kaffee mit der gewünschten Herkunft bewusst auszuwählen. Mein Ziel war es, einen Treffpunkt zu schaffen, an dem man mit den Kunden ins Gespräch kommen und über die verschiedenen Merkmale von Qualitätskaffee und die möglichen Mischungen diskutieren kann.

Da wir ja gerade schon von der Location reden – wie habt ihr die richtige für dieses Projekt gefunden?Was waren die Kriterien, um einen geeigneten Ort für so ein innovatives Vorhaben zu finden?

Durch Mund-zu-Mund-Propaganda stießen wir auf die Möglichkeit in der Via del Corso, einer der wichtigsten Einkaufsstraßen von Florenz. Hier haben wir einen Raum bekommen, in dem wir uns heute noch befinden. Damals befand sich auf dieser Ladenfläche noch ein Bekleidungsgeschäft, das uns die Besitzer überlassen haben. Und heute sind wir immer noch hier, haben aber mittlerweile unsere Küche und den Bereich für die Gäste erweitert. Wir haben damals eine Entscheidung getroffen, die uns als strategisch günstig erschien. Und siehe da – sie hat sich bis heute als solche erwiesen.

Auch die Einrichtung hat einen ganz besonderen Stil. Kannst Du uns ein bisschen von den Ideen hinter dem Design erzählen und wer Dich inspiriert hat?

Die Idee war, ein Lokal im Retro Stil zu kreieren, ganz so, wie man es auch in französischen Cafés häufig sieht: Hohe Fenster – im Gegensatz zu den niedrigen Fenstern, die man heute in vielen italienischen Lokalen findet -, Kronleuchter im venezianischen Stil und Bistrotische.

Welche Kaffeesorten können denn im ChiaroScuro probiert werden?

Als Basis bieten wir unsere Miscela principe an, bestehend aus 80% Arabica und 20% Robusta. Dank der verschiedenen kleinen Mühlen, kann man verschiedene Single-Origin-Sorten probieren, die im Wechsel angeboten werden: Deren Herkunft reicht von Zentralamerika über Südamerika und Asien bis nach Afrika. So kommen wir auf ein Gesamtangebot von 15 Spezialitätenkaffees.

Welcher der Kaffees war denn besonders visionär – und ist es vielleicht auch heute noch? Und wie war die Reaktion der Öffentlichkeit zu einer Zeit, als es diese Art von Café in der Kaffeewelt noch nicht gab?

Anfängliche Schwierigkeiten waren definitiv vorhanden, ja. Dass die Leute das Angebot wertschätzten und auch neugierig wurden, das kam mit der Zeit. Wenn man sich dazu entscheidet, Specialty Coffees anzubieten, dann sollte man über ausgeprägte kommunikative Fähigkeiten verfügen. Denn man muss den Menschen die verschiedenen Angebote schmackhaft machen und ihnen die Unterschiede zwischen den verschiedenen Herkünften und Sorten erklären. Das ist definitiv eine tägliche Herausforderung! Aber mit Leidenschaft und viel Hingabe kann man dieses Ziel erreichen.

ChiaroScuro hat mittlerweile einige Franchise-Standorte in anderen Ländern. Was hast Du hier für Erfahrungen gemacht?

Ein erfolgreiches Franchise erfordert einen hohen Wiedererkennungswert der Marke, einen zentral gelegenen Standort und – insbesondere für diese Welt – Fachleute, die das Produkt kennen und, wie ich bereits sagte, die Geschichte erzählen können. Dass wir eine italienische Marke sind, trägt sicherlich mit zu unserem Erfolg bei. Die besten Erfahrungen haben wir in Chile, Lettland und all jenen Ländern gemacht, in denen es eine ausgeprägte Specialty Coffee Kultur gibt.

Die Marke Mokaflor, Caffèlab – gegründet 2015 – scheint sozusagen die Fortsetzung von ChiaroScuro zu sein. Stimmt das denn?

Die Richtung, in die es weiterzugehen gilt, ist sicherlich die von Caffèlab: Die Suche nach besonderen und hochwertigen Spezialitäten, die gleichzeitig auch noch Werte erfüllen, die unsere Kunden heutzutage sehr schätzen. Dazu gehören zum Beispiel Nachhaltigkeit und Rückverfolgbarkeit unserer Produkte. Und das Ziel ist nach wie vor das Gleiche, wie das der ursprünglichen Idee: Die Verbreitung einer Kultur, die Wert auf Qualitätskaffee legt.