Aus dem Leben eines italienischen Barista, Interview mit Simone Celli

Aufgrund der aktuellen Ausnahmesituation wegen COVID-19 sind alle Bars und Cafés in Italien gezwungen, bis auf Weiteres geschlossen zu bleiben. 

 

Die eigene Gesundheit und die Gesundheit unserer Familien und Freunde hat derzeit absolute Priorität. Der wirtschaftliche Schaden allerdings, der bereits aus dieser Situation entstanden ist, bringt uns zum Nachdenken. Nachdenken über das, was wir bisher als selbstverständlich wahrgenommen haben, nachdenken über die kleinen Dinge im Leben: Der schnelle Kaffee auf dem Weg zur Arbeit oder die Unterhaltung mit dem Barista in der Mittagspause, während einem dieser den Kaffee mit viel Liebe zubereitet.  

 

Wir wollen diesen Artikel ganz besonders allen italienischen Barista widmen. Auch dank ihnen ist der italienische Kaffee auf der ganzen Welt berühmt geworden. Italien ist nicht nur das Land, in dem die Espressomaschine erfunden wurde, sondern auch das Land in dem es etwa 2.000 verschiedene Möglichkeiten gibt, diesen zu servieren. Fünf Minuten am Tresen einer italienischen Bar um 7.30 Uhr morgens reichen, um zu verstehen warum. 

Der Barista ist die letzte Station (und vielleicht sogar die wichtigste), die der Kaffee durchläuft, bevor er in unserer Tasse landet. Es muss ihm gelingen, den Kaffee mit der bestmöglichen Extraktion zuzubereiten, gleichzeitig muss ein Barista sehr geschickt und aufmerksam sein, um sich an die Reihenfolge der Bestellungen zu erinnern, die häufig gleichzeitig eintreffen. 

Um einen besseren Eindruck vom Arbeitsalltag und dem Profil eines echten italienischen Barista zu verschaffen, haben wir unseren Kaffee-Experten und Trainer der Espresso Academy (unsere Schule für Kaffee-Liebhaber und Profis) interviewt: Simone Celli.

Aus dem Leben eines italienischen Barista, Interview mit Simone Celli
Simone in seiner Bar in Castellina in Chianti in 2005

Seit wie vielen Jahren führst Du deine Bar jetzt schon? 

Hinter dem Tresen einer Bar stehe ich seit 1997, aber erst 2002 habe ich mich dazu entschlossen meine eigene Bar zu eröffnen. 

Welche Erfahrungen hast du bereits vor der Eröffnung gesammelt? Hattest du zu diesem Zeitpunkt schon irgendwelche Kurse belegt oder vielleicht in einer anderen Bar gearbeitet? 

Bevor ich mein eigenes Café aufgemacht habe, habe ich schon in einigen anderen Bars gearbeitet. Und alles, was ich dort gelernt habe, habe ich mir von meinen Kollegen abgeschaut, die bereits mehr Erfahrung hatten. Tatsächlich waren da aber auch viele Sachen dabei, die, wenn ich jetzt so darüber nachdenke, wirklich total falsch waren. 

Welches Getränk ist am beliebtesten? Espresso, Espresso Macchiato, Cappuccino? 

In einer italienischen Bar, meine eigene ist da wirklich keine Ausnahme, ist das am meisten nachgefragte Getränk definitiv der Espresso (oder auch der Caffè, wie man auf Italienisch sagt). Daran schließen sich dann der Caffè macchiato und der Cappuccino an, der morgens noch am häufigsten bestellt wird. Spätestens ab mittags allerdings überhaupt nicht mehr. 

Könntest du uns einen für dich typischen Arbeitstag in der Bar beschreiben? 

6.30: Ich komme in die Bar. Das ist der Zeitpunkt, an dem ich die Vitrinen erstmal mit den Croissants befülle, die bereits geliefert wurden.
6.45: Ich beginne alles andere vorzubereiten: Salate, Focaccia, kleine Pizzen, Tramezzini. Alles mit am Morgen frisch gelieferten Zutaten.
7.00: Die ersten Espressi zubereiten. Ich stelle den Mahlgrad der verschiedenen Mischungen und Single Origins ein, die ich meinen Kunden anbiete. Außerdem lege ich mir das nötige ‘Werkzeug’ bereit und bin dann bereit den Laden zu öffnen.
7.15: Wir öffnen die Rollläden und die ersten Kunden kommen. Meistens Stammkunden, bei denen ich schon genau weiß, welches Getränk ich ihnen servieren soll.
8.00: Jetzt kommen auch viele Kinder, um ein Croissant oder ein Panino für die Schule mitzunehmen, häufig in Begleitung der Eltern.
10.00: Zeit für eine kurze Pause und einen Espresso, gerne auch Macchiato.
10.30: Die Frühstückszeit ist vorbei und es wird etwas ruhiger. Jetzt ist es Zeit den Laden für das Mittagessen zu richten, während auch in der Küche schon alle Vorbereitungen getroffen werden.
12.00: Die Zeit für Frühstück ist definitiv vorbei, in Italien bedeutet das auch: Ab jetzt wird kein Cappuccino mehr bestellt!
12.15: Sobald alles vorbereitet ist und die Tische gedeckt sind, beginnt für die meisten auch schon die Mittagspause. Jetzt heißt es schnell sein und die Gäste zwischen dem ersten und zweiten Gang nicht lange warten lassen. Außerdem beginnt der Betrieb an den Vitrinen mit Panini und Tramezzini wieder, auch trinken viele Kunden nach dem Essen noch einen Caffè am Tresen.
15.00: Wenn jetzt nichts mehr Außergewöhnliches passiert, komme ich auch endlich dazu, etwas zu essen.
16/17: Jetzt ist es Zeit für einen kleinen Imbiss. Viele Kinder sind auf dem Heimweg von der Schule, Berufstätige gönnen sich eine kleine Pause, bevor sie nach Hause gehen.
18.30: Und nun: Aperitif. Anstatt Espresso heißt es jetzt Prosecco und Spritz, dazu werden kleine Häppchen serviert. Ich beginne schon mal damit die Kaffeemaschine und das zugehörige Werkzeug zu reinigen.
19.30: Wir schließen! Jetzt heißt es noch einmal durch den Laden zu putzen und gegen 20 Uhr endet dann der Arbeitstag eines Barista…bis er einige Stunden später wieder von vorne beginnt! 🙂

Aus dem Leben eines italienischen Barista, Interview mit Simone Celli
Die große Terrasse mit wunderschönen Blick in die Toskana

Welchen Ratschlag kannst du jemandem geben, der auch gerne Barista werden möchte oder seine eigene Bar aufmachen will (außer natürlich deinen passenden Kurs in der Espresso Academy zu besuchen!!)

Erfahrung sammeln, sich durch Kurse aus- und weiterbilden, Messen oder andere Events besuchen, bei denen sich alles um Kaffee dreht. Außerdem ist es auch nie verkehrt sich einen Business Plan zu erstellen. Schließlich ist der Besitzer einer Bar niemals nur Barista, sondern vielmehr ein Unternehmer. 

Wir sind der Meinung: Die italienischen Barista haben es wirklich drauf. Was meinst du dazu? 

Ja sicher, ein italienischer Barista, der gut ausgebildet und geschickt ist, kann es wirklich draufhaben. Vor allem muss er schnell arbeiten können, wobei Schnelligkeit allein noch nicht ganz ausreicht. Bestenfalls ist er dazu in der Lage, gleichzeitig auch noch mit seinen Kunden zu interagieren, das zeichnet einen Barista, der etwas drauf hat, wirklich aus. 🙂

Aus dem Leben eines italienischen Barista, Interview mit Simone Celli
Simone während ein Barista Training bei Kunden